Thriller - Cop Town - Stadt in Angst von Karin Slaughter

04 Januar 2016

Hochkarätiger, spannungsgeladener Thriller mit interessanten Charakteren. Top recherchiert und erschütternd authentisch

Als Kate Murphy ihren ersten Dienst im Atlanta Police Departement antritt, ahnt sie nicht dass ihr drei äußerst beklemmende, gefährliche und demütigende Tage bevor stehen. Zu Recht fürchtet sie, dass sie das Kommende nicht überstehen wird, denn Atlanta ist im Ausnahmezustand.

 Ein brutaler Killer tötet Cops und terrorisiert die Stadt und so scheint den Polizisten jedes Mittel recht, um den Attentäter zu stoppen.
Die aus Atlanta (Georgia) stammende Autorin KarinSlaughter hat mich schon 2003 mit ihrem Debütroman Belladonna überzeugt, der sofort auf den internationalen Bestsellerlisten landete. Besonders gut gefallen mir ihre Romane um die Rechtsmedizinerin Sara Linton, Polizeichef Jeffrey Tolliver und Ermittler Will Trent. Ihre Romane wurden bereits in über 30 Sprachen übersetzt und mehr als 30 Millionen Mal verkauft.
Bei der Betrachtung des dunkel gestalteten Covers trifft mich ein intensiver, durchdringender, fast mystischer Blick aus zwei glasklaren, kaltblauen, weiblichen Augen. Das Gesicht ist der einzige helle Punkt des Covers, denn die Haare werden vom dunklen Cover verschluckt. Einzig ein paar Haarsträhnen überwehen das trotz Sommersprossen, anmutige Gesicht. Der Name der Autorin ist leicht eingestanzt und schimmert glänzend in königsblau. Der weiß gedruckte Schriftzug des Titels wirkt knackig, treffend und präzise.
Die ersten Zeilen des Prologs reißen mich sofort in die Geschichte hinein, die mich bis zur letzten Seite nicht mehr loslässt. Dieser Thriller ist für mich ohne jeden Zweifel umgehend ein Pageturner, denn Karin Slaughters typischer, federleichter und knackiger Schreibstil ermöglicht mir ein flüssiges Lesevergnügen. Die Autorin schreibt unverblümt ehrlich. Sie scheut sich nicht schmutzige und brutale Details zu benennen, die mir manches Mal den Puls beschleunigten. Es ist nicht nur die Brutalität der wortgewandten Sprache die meine Atmung beschleunigt sondern es sind die schockierenden Ergebnisse ihrer Recherchen, die mit ihrer Authentizität die Geschichte versorgen.

Atlanta 1974. Eine Zeit nach dem Vietnamkrieg, nach Präsident Fords Amtszeit, in Mitten der Bürgerrechtsbewegung und dem Rassenkrieg indem die weiße Machtstruktur durchbrochen wird. Eine Zeit in der Weiße und Schwarze in Wartezimmern getrennt verweilen, Vietnamveteranen versuchen das Erlebte zu verarbeiten und die Emanzipation von Frauen anstößig und ungewollt ist. Atlantas Stadtviertel sind unterteilt in Schwarz und Weiß und die feindseligen, rassistischen Zusammenstöße eskalieren auf brutalste Weise.

In dieser Zeit entschließt sich die verwitwete Jüdin Kate Murphy ein Cop zu werden. An ihrem ersten Tag im Atlanta Police Department stößt sie ausschließlich auf Feindseligkeiten. Cops übergeben ihr eine absichtlich zu große Uniform, zu große Schuhe und zu große Mütze und sie wetten, wie lange Kate durchhalten wird. Kates Selbstbewusstsein sinkt von Minute zu Minute. Sie wird brutal gestoßen, begegrabscht und zutiefst gedemütigt.

In der vorangegangenen Nacht trug Jimmy Lawson seinen erschossenen Kollegen Don meilenweit bis ins nächste Krankenhaus, in dem Don dann starb. Alle glauben, dass der Atlanta Shooter erneut zugeschlagen hat und nur Jimmys Schwester Maggie, ebenfalls ein Cop, hegt erste Zweifel an der Darstellung des Tathergangs. Kate und Maggie werden Partner und sie müssen sich gegenüber den im Blutrausch befindlichen, oftmals alkoholisierten Polizeikollegen behaupten, denn alle wollen den Shooter schnappen, egal wie hoch der Preis dafür wäre.

Die Spannung reißt auf keiner der 544 Seiten ab und wie ein Sahnehäubchen on top jagt ein Spannungshöhepunkt den nächsten. Die Schauplätze sind so talentiert und maßvoll zugleich beschrieben, dass ich das Gefühl entwickle, Atlanta wie das innerste meiner Handtasche zu kennen.

Die Hauptprotagonistin Kate wird enorm gut und feingliedrig in ihren Charaktereigenschaften beschrieben, wie alle anderen Figuren auch. Ich kenne ihr Aussehen, weiß was sie fühlt und wie sie unter den Demütigungen die ihr wiederfahren leidet. Ihr persönlicher Konflikt besteht darin, dass sie aus wohlbehüteten Familienverhältnissen in die schmutzige, ihr bisher verborgenen Realität eintaucht. Sie spürt dass sie beobachtet wird, doch zunächst glaubt sie nicht an eine ernste Bedrohung. Auf Grund der Begebenheiten in dieser komplexen Handlung entwickelt sie sich weiter. Sie wird zäh, kann sich behaupten und wird bald geschätzt, doch bis dahin stolpert sie über steinige Wege.

Maggie stößt in ihrer Familie auf Widerstand, denn niemand will sie als Cop akzeptieren. Weder ihr Bruder, noch ihr großkotziger Onkel Terry, beide Cops, lassen sie ihr Leben leben. Alles muss nach den Vorstellungen des gewalttätigen Onkels und Police Seargants funktionieren und wenn nicht, lässt er seine Fäuste sprechen, inmitten Maggies Gesicht. Maggie erfährt lediglich mütterliche Zuneigung, wenn Delia ihr Flusen von der Uniform zupf. Stets gedemütigt lebt sie in der Angst etwas Falsches zu tun.

Maggies frühere Partnerin Gail Patterson arbeitet als Hure undercover. Sie kennt die Gesetze der Straßen Atlantas und sie ist jederzeit bereit Kriminellen ihre Gewaltbereitschaft entgegen zu setzen. Ihr Charakter agiert zwischen äußerster Brutalität und Boshaftigkeit auf der Straße und überraschenden kollegialen Handlungen, die man von ihr niemals erwarten würde. Sie ist jeden Tag zerschunden und hält weiter durch, denn sie beherrscht das Spiel der Selbstverleugnung meisterhaft.

Der Atlanter Shooter ist bestens mit polizeiinternen Informationen versorgt. Er kennt die Polizeicodes und sucht sich seine Opfer unter den Cops gezielt aus. Er unterbricht die Funkverbindungen, lässt seine Opfer niederknien und schießt ihnen auf brutalste Weise gezielt in den Kopf.

Trotz der gewaltvollen Thriller-Elemente kommen Emotionen hier nicht zu kurz und viele Begebenheiten berühren zutiefst.

Diese Story umspielt Figuren, die nicht in die gesellschaftliche Norm passen. Die Konflikte die Menschen daraus ableiten werden hier zu einer explosiven Handlung, die mich als Leserin handlungsunfähig fesselte. Meine Erwartungen an diesen Thriller von Karin Slaughter wurden absolut und vollständig erfüllt, wie immer.

Für manch einen Leser mag dieses Buch zu brutal erscheinen, doch es spiegelt die Realität der 70er Jahre in den USA wieder.
Hochkarätiger, spannungsgeladener Thriller mit interessanten Charakteren. Top recherchiert und erschütternd authentisch.

Nichts für zarte Seelen, aber meine absolute Leseempfehlung für alle Thriller-Fans.



Erscheinungsdatum Erstausgabe : 09.11.2015
Aktuelle Ausgabe : 09.11.2015
Flexibler Einband 544 Seiten

Sprache: Deutsch 

4 Kommentare:

  1. Hey,

    ich kenne von Karin Slaughter bisher nur "Gottlos", was mir sehr gut gefallen hat. In den Weihnachtsferien habe ich das Hörbuch erneut gehört und mir vorgenommen, mehr von der Autorin zu lesen.

    Dieses Buch spricht mich inhaltlich nicht so an, da ich lieber Geschichten aus der Gegenwart mag und mir die 70er Jahre schon fast zu lang her sind.

    Aber ich werde bestimmt noch mehr aus der Reihe um Linton und Tolliver lesen.

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  2. Hey,

    ich kenne von Karin Slaughter bisher nur "Gottlos", was mir sehr gut gefallen hat. In den Weihnachtsferien habe ich das Hörbuch erneut gehört und mir vorgenommen, mehr von der Autorin zu lesen.

    Dieses Buch spricht mich inhaltlich nicht so an, da ich lieber Geschichten aus der Gegenwart mag und mir die 70er Jahre schon fast zu lang her sind.

    Aber ich werde bestimmt noch mehr aus der Reihe um Linton und Tolliver lesen.

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    1. Liebe j125,

      dein Argument ist nachvollziehbar, aber, jetzt kommt ein grooooßes "Aber": Es spielt wirklich kaum eine Rolle. Wenn du Gottlos magst, gefällt dir Cop Town bestimmt ebenfalls.

      Liebe Grüße Nisnis

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  3. Hey Nisnis,
    ich bin jetzt schon so manches Mal über das Buch gestolpert und konnte mich nie fest entschließen das Buch mitzunehmen. Nach deiner tollen Rezi wandert es aber direkt auf meinen Wunschzettel. Ich bin nicht so der mega Thriller-Leser aber gegen ein paar schöne Gruselstunden hab ich dann doch nichts einzuwenden :D

    Liebe Grüße
    Tinker

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