Kriminalroman - Gastrezension von Lienz - Denn es wird kein Morgen geben von Angélique Mundt

14 Juli 2016


Ein neuer Fall für die Hamburger Therapeutin Tessa Ravens.


Als der beliebte Feuerwehrmann Martin König verschwindet, wird Psychotherapeutin Tessa Ravens vom Kriseninterventionsteam gebeten, sich um die Frau des Vermissten zu kümmern. Schnell findet Tessa heraus, dass dahinter Explosives steckt: 

König verschwand nach einem heftigen
Streit mit seiner Frau. Die hatte auf seinem PC Fotos der gemeinsamen Tochter gefunden. Fotos, die ein Vater nie von seiner Tochter machen sollte. 

Dann wird Martin König tot aufgefunden.
Hauptkommissar Koster übernimmt die Ermittlungen, ohne zu wissen, dass auch Tessa in den Fall involviert ist. Seit ihrer kurzen Affäre vor über einem Jahr herrscht Funkstille zwischen den beiden. Nun müssen sie sich zusammenraufen, in einem Fall, der beide bis an ihre Grenzen bringt.


Bis ans Äußerste, und dann noch einen Schritt weiter

Wie gut kennt man seinen Partner? Seine Freunde? Sich selbst? Kann eine Therapeutin einen Menschen vor seinem Untergang bewahren?


Mit „Denn es wird kein Morgen geben“ greift Angélique Mundt ein Thema auf, das sich im letzten Vierteljahrhundert als Schrecklichstes aller zwischenmenschlichen Dramen herauskristallisiert: 

Pädophilie. 

Einmal losgebrochen, zerstört sie alles Leben, vernichtet jedes Opfer. Ausgerechnet ein Lebensretter, ein Held, der sein eigenes Leben aufs Spiel setzt, für den die Kameradschaft und der Ehrenkodex mehr als der Tod bedeuten – dieser Mann entpuppt sich anscheinend als „Kinderschänder“. Doch was ist Schein, was die Wahrheit? Die zerstörerische Dynamik nach einer furchtbaren Entdeckung reißt das Leben aller auch nur in der Näher Befindlichen wie eine Lawine in einen bodenlosen Abgrund.

Der Krimi besticht schon durch das heiße Eisen, das er anpackt. Und er ist gut geschrieben:


Erstens: Die Charaktere sind realistisch gezeichnet, ihr Handeln, ihre Gedanken, ihre Motive leuchten ein und sind sogar beim Bösen logisch nachvollziehbar. Genau das wühlt den Leser in seinem Innersten auf. Eine solch feine Differenzierung in einem Krimi mit Worten zu ziehen, das mache Angélique Mundt erst einmal jemand nach.


Zweitens: Psychologischer Feinsinn bewirkt eine ganz besondere Nähe zu Leser und gibt dem Krimi seine auffallende Tiefe.


Drittens: Die Sprache ist authentisch und zum jeweiligen sozialen Umfeld perfekt passend.


Viertens: Das Krimihandwerk stimmt zu 100 Prozent. Angélique Mundt streut mit nur einem Wort einen sog. Roten Hering ein, der sich gewaschen hat. 

Chapeau

Fast bis zum Ende habe ich mich daran geklammert, weil diese Fährte derart überzeugt.


Und nochmals das Krimihandwerk: Spannung, wie ich sie selten erlebt habe, einen Lesesog, der mich die Nacht faktisch durchmachen ließ, auch das hat Es wird kein Morgen geben geschafft.


So viel Licht und Lob auf einmal … Natürlich habe ich nach dem kleinen Schatten gesucht. Und mein seziermesserscharfer Übersetzerblick hat ihn auch gefunden: Zu schnell und etwas zu viel ist von „Mord“ die Rede. Weil der Krimi in Deutschland und nicht in Österreich spielt, wo diese Terminologie passen würde.

„… kaute sie zum hundertsten Mal das gestrige Gespräch mit Torben durch. Jedes Wort hatte sie analysiert, interpretiert und bis zur Unkenntlichkeit seziert. Geholfen hatte es nichts.“

Die Autorin Angélique Mundt wurde 1966 in Hamburg geboren. Nach ihrem Studium der Psychologie arbeitete sie lange in der Psychiatrie, bevor sie sich 2005 als Psychotherapeutin mit einer eigenen Praxis selbstständig machte. Sie arbeitet ehrenamtlich im Kriseninterventionsteam des Deutschen Roten Kreuz, das Menschen bei potentiell traumatisierenden Ereignissen "Erste Hilfe für die Seele" leistet. Über diese Aufgabe sagt sie: "An der Situation kann ich nichts ändern. Aber ich kann den Menschen helfen sie zu überstehen."

Denn es wird kein Morgen geben ist nach Nacht ohne Angst ihr zweiter Roman in der Serie um die Psychotherapeutin Tessa Ravens und Hauptkommissar Torben Koster. Angélique Mundt lebt in Hamburg.

(btb Verlag)

Ein Krimi, der alle Sinne kitzelt, weckt, lockt und zufriedenstellt. Dazu authentisch schöne Sprache, das heißt auch durchaus deftig harte Worte. Zum Abschluss ein rundes Ende ohne Happy-Kitsch. Absolute Leseempfehlung.




  • Erscheinungsdatum Erstausgabe :09.03.2015
  • Aktuelle Ausgabe : 09.03.2015
  • Verlag : btb Verlag (TB)
  • ISBN: 9783442746316
  • Flexibler Einband 320 Seiten
  • Sprache: Deutsch

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Mit dem Abschicken des Kommentars bestätige ich, dass ich die Datenschutzbestimmungen gelesen und akzeptiert habe.