Gastrezension - Roman - Montecristo von Martin Suter

03 April 2018

GASTREZENSION

Too big to fail… 

Grandiose Krimispannung auf intellektuell 
hohem Niveau



… und zu brisant, um ans Licht zu kommen. Damit Finanzsysteme ganzer Wirtschaftsräume nicht zusammenbrechen, können systemrelevante Finanzunternehmen niemals pleitegehen. Selbst sie wenn mit undurchsichtigen Finanzprodukten Milliardenbeträge verspekuliert haben.

Vor dieser Kulisse spielt Martin Suters Roman Montecristo, in dem der Protagonist Jonas Brand sich Alexandre Dumas‘ Roman als Inspiration für sein Herzensprojekt genommen hat: „Eigentlich will Jonas Brand nur sein Filmprojekt Montecristo verwirklichen. Doch dann gerät der Journalist in eine Sache, die größer ist als jeder Blockbuster – mit immensen Folgen für unser Finanzsystem.“ (Quelle: Diogenes Verlag)

 
Martin Suter, geboren 1948 in Zürich, arbeitete bis 1991 als Werbetexter und Creative Director, bis er sich ausschließlich fürs Schreiben entschied. Er erhielt eine Vielzahl von Auszeichnungen, darunter
-   ›Swift-Preis‹ der Stiftung Marktwirtschaft für Wirtschaftssatire in Kronberg, Frankfurt a. M., für seine ›Business Class‹-Kolumnen, 2010
-   ›SwissAward‹ vom Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) in der Kategorie Kultur, 2010
-   ›Friedrich-Glauser-Preis‹ in der Sparte Kriminalroman für ›Der Teufel von Mailand‹, 2007. (Quelle: Diogenes Verlag)

 
Geld macht keine Narren, es enthüllt sie nur (Ken Hubbard, US-amerikanischer Humorist und Karikaturist). Dem getreu erzählt Martin Suter im Wirtschaftskrimi Montecristo von der Allmacht des Geldes, die über allem steht und bis in den hintersten Schlupfwinkel reicht. Und dass Bauernopfer zur Rettung des großen Ganzen eben zu geschehen haben.

Jonas Brand sitzt zufällig im Pendler-Intercity, als ein Reisender in einem Tunnel aus dem fahrenden Zug in den Tod springt. Er bestreitet seinen Lebensunterhalt als freier Videojournalist und filmt daher die Reaktionen der Mitreisenden. Dabei schnappt er Sätze auf, die keiner hören soll, und hält die Gesichter von Personen fest, die nicht gesehen werden wollen.

Kurz darauf geschieht etwas, was es eigentlich nicht gibt: Er hält zwei Hundert-Franken-Noten mit derselben Seriennummer in der Hand, die noch dazu beide echt sind, wie ihm sein Bankberater bestätigt und sie ironisch als Sammlerstücke bezeichnet.

Wenig später wird Jonas‘ Wohnung bei einem Einbruch verwüstet, dann wird er auf der Straße überfallen. Privat jedoch findet er, so sieht es aus, sein Glück mit Marina. Weil er ja Geld verdienen muss, erstellt Jonas eine Reportage über den Selbstmord im Zug und eine über die identischen Seriennummern der Geldscheine. Scheinbar interessiert sich aber kein Sender, dem er sie anbietet, dafür. Im Verborgenen jedoch setzt das, was Jonas recherchiert hat, eine gewaltige und mächtige Maschinerie in Gang. Jonas steht der Wirtschaftsjournalist Max Gantmann, abgehalftert und verwahrlost, zur Seite. Dieser sieht schnell schier unglaubliche Zusammenhänge. Jonas aber bleibt skeptisch und verliert das Interesse, als er sein Projekt Montecristo völlig überraschend verwirklichen kann. Da stirbt jemand, der ihm sehr nahesteht, und Jonas muss um sein eigenes Leben kämpfen.

 
Mit großem Können erzählt Martin Suter eine Geschichte von Schein und Wirklichkeit, die vor der Kulisse der Hochfinanz durchaus so geschehen sein könnte. Das Besondere an diesem Wirtschaftskrimi ist, wie ich finde, der Spannungsbogen, der stets, gleich einem Börsenkurs, Ausschläge zeigt und gegen Ende gewaltig steigt. Als Leser weiß man mehr als Jonas Brand, der Titelheld. Das peitscht die Spannung vorwärts, vor allem, sobald man ahnt, „Oh, oh, Jonas, das geht schief!“, und hofft, man läge falsch. Martin Suter hat den Leser ebenso wie seine Figuren fest im Griff. Die Pointe am Ende lässt den Leser richtig schlucken.

Grandiose Krimispannung auf intellektuell hohem Niveau.

Gastrezension von Marion Solowski 




Titel: Montecristo*

Autor: Martin Suter

Erscheinungsdatum Erstausgabe: 25.02.2015

Aktuelle Ausgabe: 28.09.2016

Verlag: Diogenes


Flexibler Einband 320 Seiten

Sprache: Deutsch

5 Kommentare:

  1. Das ist eine sehr schöne Rezension! Diesen Autor habe ich auch bereits für mich entdeckt. "Elefant" und "Die dunkle Seite des Mondes" fand ich grandios. Demnächst möchte ich "Lila, Lila" lesen. Über "Montecristo" habe ich auch nur gutes gehört und das Buch befindet sich auf meiner Merkliste. :-)
    GlG, monerl

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    1. Liebe Monerl,

      ich habe leider noch nichts von Martin Suter gelesen, daher wird es wohl langsam mal Zeit. Mich interessiert Elepant brennend.

      Liebe Grüße

      Anja

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  2. Ich habe leider auch noch nichts von Martin Suter gelesen. Der Krimi wäre jetzt nicht so mein Fall, aber "Elefant" interessiert mich auch sehr.

    Liebe Grüße
    Petrissa

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    1. Liebe Petrissa,

      der Elefant reizt mich ebenfalls sehr. Mal schauen, ob bald ein Suter bei mir einziehen wird.

      Liebe Grüße

      Anja

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  3. Anonym9.4.18

    Liebe Monerl, danke für dein Feedback! Lila lila fand ich auch großartig.
    Herzlich, Marion

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