Thriller - Roter Nebel von Jakob Melander

25 August 2015

Gute Story, interessante Protagonisten, doch weniger fesselnd umgesetzt

Oberbürgermeister Mogens Winther-Sørensen wird mit heruntergelassenen Hosen tot in seiner Wohnung aufgefunden. Serafine, eine junge Prostituierte ist Zeugin, doch sie bestreitet etwas mit dem Mord zu tun zu haben. Jeden sexuellen Kontakt zu Mogens leugnet sie vehement. 
Merethe Winther-Sørensen, Ministerin und mitten in der Wahlkampfphase ihrer Partei scheint vom Tod ihres Sohnes nicht sonderlich berührt zu sein. Sie setzt ihre Prioritäten auf die politischen Entwicklungen und will die medienwirksamen Fäden weiterhin fest in den Händen zu halten.


Kommissar Lars Winklers Ermittlungen bringen ihn und seine Kollegen zunächst nur sehr schleppend voran, denn im Umfeld des verstorbenen Politikers stoßen sie auf eine Mauer des Schweigens.


Jakob Melander wurde in höchsten Tönen gelobt und medienwirksam präsentiert und sogar als Konkurrenz für Adler Olsen gesehen. Dementsprechend hatte ich recht hohe Erwartungen an "Roter Nebel", doch meine Erwartungen wurden leider nicht ganz erfüllt.



Die in zwei Erzählsträngen geschriebene Handlung fand ich gut. Das Wechselspiel von Vergangenheit und Gegenwart fand ich ansprechend und passend. Realitätsnahe Thematiken flossen authentisch in die Handlung ein, wie z.B. politische Machenschaften und etwas Flüchtlingspolitik.



Das erste Kapitel, das ich als Einleitung bzw. Prolog empfunden habe, war sehr großartig und vielversprechend geschrieben. Die nächsten Kapitel bereiteten mir jedoch einige Schwierigkeiten, denn zu viele Personen tauchten in der Geschichte auf, die für mich keinen Bezug zu irgendetwas in der Geschichte besaßen. Ich mag es sehr, mich mit zahlreichen Protagonisten zu beschäftigen, sehe das als Herausforderung an, doch dann erwarte ich zumindest so viele Informationen, dass ich weiß woher die Person nun kommt bzw. wo ich sie einordnen kann (z.B. Zum Ermittlerteam). Ein Name reicht mir nicht.

In manch einem Kapitel war z.B. von drei Personen die Rede. Doch ich war nicht in der Lage festzustellen, trotz mehrmaligen Lesens, welche Person nun etwas tut oder sagt. Das fand ich sehr schade.


Der detailreiche Schreibstil gefiel mir, doch einige Handlungen waren mir nicht harmonisch genug in die Geschichte integriert. Es mag an der Übersetzung gelegen haben, denn diese machte auf mich einen holperigen Eindruck. Einige Erzählstränge liefen ins Leere. Einige Nebenschauplätze waren mir von der Handlung zu losgelöst und mir fehlte der rote und spannungsgeladene rote Faden. Die Spannungskurven waren mir etwas zu lau, daher war dieses Buch für mich kein Pageturner. 


Faszinierend begegnete mir der Charakter der Serafine, eine junge transsexuelle Prostituierte, die als Flüchtling nach Dänemark kam. Ihr kompliziertes, trauriges und bedrohliches Leben wird mir immer wieder rückblickend dargestellt. Ich bin berührt und spüre ihre Verzweiflung und Ängste. Diese emotionalen Momente fand ich durchweg sehr gut geschrieben und sehr fesselnd. 

Lars Winkler als Kommissar hat mir ebenso gut gefallen. Er ist etwas kauzig und sein Privatleben steht Kopf, doch seine Art fand ich ansprechend und sympathisch, ein bisschen mehr Pfiff hätte ihm jedoch nicht geschadet. 

Sehr interessant kreiert war der Charakter der Merethe Winther-Sørensen, wenn sie mir auch menschlich absolut nicht zusagte. Jakob Melander hat den Charakter einer kaltherzigen, nach Macht heischenden und sozial inkompetenten Person geschickt erschaffen, die der Story zusätzlich Feuer gab. 

Eine gute Geschichte mit interessanten Protagonisten, die mich jedoch nicht besonders gefesselt hat und deren Verwirrungen bis zu letzt nicht aufgelöst wurden, bremsten mich in meiner Euphorie einen neuen skandinavischen Autor kennen zu lernen.




Autor: Jakob Melander


Buch: Roter Nebel

Erscheinungsdatum Erstausgabe : 20.07.2015 
Aktuelle Ausgabe : 20.07.2015 
Verlag : Goldmann 
VerlagISBN: 9783442479580  
Flexibler Einband 384 Seiten