Spannende Story mit einem Sahnehäubchen aus feingezeichneten Charakteren
Nola van Herren, Kriminaloberkommissarin, übernimmt die
Ermittlungen und rollt den Vermisstenfall neu auf. Dabei stellt Nola die
Ergebnisse der damaligen Untersuchung in Frage, für die der heutige
Revierleiter Renke Nordmann, seinerzeit verantwortlich war. Schon bald stößt
Nola auf ein düsteres Geheimnis und es geschehen weitere Morde.
Diesen Kriminalroman habe ich sehr gern gelesen. Barbara
Wedelken überzeugt mit einem ansehnlichen, flüssigen Schreibstil und mit einer
umfangreichen, perfekt in sich harmonisierenden Handlung. In wenigen Tagen habe
ich dieses mehr als 500 Seiten starke Werk verschlungen und es entwickelte sich
für mich zum Pageturner. Der detailreiche Schreibstil, der mir stets ein
ansehnliches Bild der Umgebung darlegte, ist so geschickt formuliert, dass ich
es kaum bewusst wahrnehme, wie viele interessante Informationen da gerade in
meinen Kopf fließen, die ich später Stück für Stück, wie in einem Puzzle,
wieder detailliert aneinanderreihen kann. So erlebe ich ein pures Kopfkino.
Dieser Kriminalroman ist die Fortsetzung von „Das Dorf der
Lügen“, den ich bisher nicht gelesen habe. Es ist auch absolut nicht
erforderlich den Vorgänger gelesen zu haben, denn ich hatte nie das Gefühl, mir
wären dadurch wichtige Informationen vorenthalten worden.
Ganz besonders gefallen mir die zahlreichen Figuren, die
jeweils eine interessante, eigene Geschichte besitzen, ohne das die Geschichte
damit überladen wäre. Zahlreich schrieb ich, ja, aber sie durchwandern die
verschachtelte Geschichte stets übersichtlich und verwirren keinesfalls.
Letztendlich haben sogar fast alle Leichen im Keller oder gar ein Mordmotiv.
Schwarz oder Weiß gibt es hier bei den Charakteren kaum zu
finden, denn sie sind eher aus einer Mischung von unterschiedlichen Grautönen
kreiert. Gern möchte ich einen Grauton wie ich ihn verstehe erläutern. Zum
Beispiel gibt es Figuren, die unmenschlich, brutal und rücksichtslos durchs
Leben stapfen, andere verletzten usw., aber auf der anderen Seite sind diese
Figuren auch so unendlich feinfühlig, aufopfernd und sensibel, dass sie mich
schon wieder berühren. Im Endeffekt löst dieses Buch einfach immer wieder
verschiedene Gefühle in mir aus, die die nächste Buchseite wieder komplett über
den Haufen werfen kann.
Einzelne Charaktere wurden sehr fein gezeichnet und mit
Eigenschaften ausgestattet, die es mir ermöglichten,tief in ihre Seelen zu
blicken, ob gut oder böse. Ganz besonders gut ist ein langwieriger Konflikt
zwischen dem ehemaligen Ermittler Renke Nordmann und der jetzigen
Kriminaloberkommissarin Nola van Heeren erzählt. Diese Konfliktsituationen
kommen sehr authentisch rüber und sie beeindrucken darüber hinaus die
Gefühlswelt des Lesers. Ich fieberte mit, wie sich das Verhältnis der beiden
zueinander entwickeln würde.
Die Spannung trägt die erschreckende und realitätsnahe
Handlung kontinuierlich durch die Seiten. Zahlreiche Spannungshöhepunkte,
Wendungen und Verstrickungen überraschten und versorgten mich mit großer
Lesefreude.
Ein sehr lesenswerter, umfangreicher und spannender Krimi
mit einem Sahnehäubchen aus fein gezeichneten Charakteren und einer erschreckenden
authentischen Handlung. Ich empfehle diesen Krimi sehr sehr gern.