Die Leichen der Getöteten findet die Polizei am Spreeufer. Die Hände der Leichen sind an den Händen zusammengebunden, ihre Körper zu einem Kreis formiert schwimmen sie unterstützt durch Schwimmflügel an der Wasseroberfläche.
Inmitten des Leichenkreises schwimmt ein Aktenkoffer, in dem die Ermittler ausschließlich ein Gedicht finden:
Der Tod ist groß.
Wir sind die Seinen
lachenden Munds.
Wenn wir uns mitten im Leben meinen,
wagt er zu weinen
mitten in uns.
(Rainer Maria Rilke)
Hauptkommissar Eugen de Bodt ermittelt mit
Kriminaloberkommissarin Silvia Salinger und dem Anwärter Yussuf, einem blonden
Türken. Der Fall scheint unlösbar und die drei werden bei ihren Ermittlungen
immer wieder erheblich behindert. Vertrauen können sie sich ausschließlich
untereinander, während sie den blutigen Spuren eines brutalen Killers durchs
Land folgen.
Christian v. Ditfurth, geboren 1953, ist Historiker und
lebt als freier Autor in Berlin. Zuletzt hat er neben Sachbüchern und Thrillern
(Das Moskau-Spiel, 2010) Kriminalromane um den Historiker Josef Maria
Stachelmann veröffentlicht, die auch in den USA, in Frankreich, Spanien und
Israel veröffentlicht wurden. Zuletzt erschienen Das Dornröschen-Projekt und
Tod in Kreuzberg. (Quelle: carl’s books)
Heldenfabrik ist ein anspruchsvoller Thriller, der mich
mein Notizbuch während des Lesens vollschreiben lässt, um keine Szene zu
vergessen und um viele Besonderheiten auch im Nachhinein einatmen zu können.
Christian von Ditfurth hat mich schon vor vielen Jahren
mit seinen Stachelmann Kriminalromanen begeistert. Darin habe ich es besonders
genossen, den Historiker von Ditfurth darin erkennen zu dürfen.
Heldenfabrik ist anders.
Fast wie ein typisch amerikanischer Thriller, der mit
äußerster Härte und Tempo bereichert einhergeht. Fast atemlos lese ich durch
die Seiten und kann es kaum fassen, wie erfrischend und atemlos mich von
Ditfurth durch die mehr als 400 Seiten treibt. Die Spannung reißt niemals ab
und sie agiert auf einem hohen Level. Von Ditfurths Schreibstil ist literarisch
anspruchsvoll, aber dennoch federleicht zu lesen.
Heldenfabrik ist der erste Band einer Reihe um die Fälle
des sympathischen Berliner Hauptkommissars Eugen de Bodt. An seinem ersten
Arbeitstag bei der 3. Mordkommission des Berliner Landeskriminalamtes, trifft
er seine neuen Kollegen erstmals am grausigen Tatort.
Der junge Anwärter Yussuf, ein blonder Türke, lässt Raum
zum Schmunzeln. Mit ihm und mit der attraktiven Kriminaloberkommissarin Silvia
Salinger agiert de Bodt nach anfänglichem Zusammenraufen harmonisch. Dieses
kleine Team gegen den Rest des Präsidiums, so scheint es.
Die Figur des Hauptkommissar de Bodt ist eine selten dagewesene.
Er selbst hält sich nach gescheiterter Ehe für einen Alltagsversager. Er hasst
intensive Körperlichkeiten, jemanden anfassen zu müssen ist ihm ein Groll und
er kann sich niemandem unterordnen, der weniger kann als er. Er ist sehr
gebildet und elitär. Nach abgebrochenem Literatur- und Philosophiestudium, nur um
den Gelehrten Vater zu provozieren, geht er zur Polizei.
De Bodt, der jeden Morgen den Tag verflucht, an dem er
beschloss Polizist zu werden, stapft emotionslos durch den Polizeialltag. Da er
einer Entlassung auf Grund von Fehlverhalten oder ähnlichem gleichgültig
entgegensieht, schreckt er nicht davor zurück, sich Freunde bis in die oberen
Etagen der Polizeibehörde zu schaffen.
Christian von Ditfurth hat nicht an Ideen gespart und
setzt Tatorte und Verbrechen blutig brutal in Szene. De Bodt macht es stutzig,
dass der Fall des Attentats an den Vorständen des Chemiekonzerns nicht an das
BKA übergeben wurde. Er und sein Team recherchieren und stoßen auf mögliche
Motive wie Korruption, Patentrecht, Marktanteil und Konkurrenz. Im Zuge der
Ermittlungen folgern sie, dass die Täter Elitepolizisten oder Söldner sein
müssen.
Zeitgleich bildet sich eine Gruppe im Kanzleramt,
bestehend aus BKA, Verfassungsschutz, BND und weiteren, die ebenfalls Recherchen
eingeleitet haben, um die Attentäter zu ermitteln. Aber, sie müssen auch mit
allen Mitteln verhindern, dass das wahre Motiv für das Attentat an die
Öffentlichkeit gelangt. Ihr Ziel ist es, de Bodt und seinem Team Täter zu
liefern, die nicht mehr aussagen können. Als man de Bodt im Präsidium nahelegt
sich von seiner Biographie zu distanzieren, da seine Gegner einen dunklen Fleck
auf seiner West gefunden haben, da er in jungen Jahren linksextremistisch aktiv
war, ist de Bodt erst recht motiviert, die Täter zu überführen und die
Öffentlichkeit über die schmutzigen Aktivitäten der Gruppe im Kanzleramt zu
informieren.
Die Handlung ist psychologisch verstrickt, komplex und äußerst
intelligent. Immer wieder muss sich der Blick des Lesers auf Neuigkeiten in der
Handlung fokussieren. Besonders dramatisch und rasant wird es, als die
Perspektive eines Attentäters einen großen Raum in der Handlung einnimmt.
Andre, Profilkiller und Söldner, ist einer der
überlebenden Attentäter, denn Söldner-Chef Bob, der eine Spitzentruppe für
dieses Attentat rekrutiert hatte, räumt gnadenlos alle Zeugen aus dem Weg.
Andre versetzt sich in die Gedankenwelt Bobs und versucht ihm strategisch geschickt
entgegenzutreten. Dieses Gedankenkarussell hat von Ditfurth klug geschrieben.
Den Konflikt den Andre nun mit sich allein austrägt, um Bob zur Strecke zu bringen,
war eine äußerst interessante und hochspannende Angelegenheit.
Die komplexe Handlung, bei der ich als Leser dennoch nie
den Faden verliere, ist mit zahlreichen Figuren gesegnet, die interessante
Charakterzüge aufweisen. De Bodt bleibt mir als kautziger, eher ruhiger
Ermittler in Erinnerung und ich freue mich schon sehr auf „Zwei Sekunden“, den
zweiten Teil der Reihe, der im August 2016 bei carl’s books erscheinen wird.
Heldenfabrik hat mir verdammt gut gefallen und mich sehr intelligent
und spannend unterhalten.
Wer einen knallharten Thriller lesen mag, aber auch
literarisch gut unterhalten werden möchte, der sollte zugreifen.
Titel: Heldenfabrik
Autor: Christian von Ditfurth
Paperback, Klappenbroschur
ISBN: 978-3-570-58515-3
Erschienen: 18.08.2014
Seiten: 448
Sprache: Deutsch
Tolle Rezi! Ich glaube das ist was für meine Wunschliste!
AntwortenLöschenJa Tanja, ich glaube das ist etwas für dich :-).
LöschenViele Grüße und lieben Dank für deinen Kommentar.
Nisnis
Guten Morgen,
AntwortenLöschenich fand das Buch wirklich toll, jetzt schau ich mal nach weiteren Büchern des Autors - auch wenn das meinen SuB weiter in utopische Höhen schraubt :-)
LG
Tina
Du wirst es aber nicht bereuen Tina, auch die Stachelmann Krimis und natürlich der neue Christian von Ditfurth "Zwei Sekunden" sind sehr lesenswert.
LöschenViele liebe Grüße
Nisnis