Thriller - Wer die Hunde weckt von Achim Zons

17 März 2017

Rücksichtsloses Spiel mächtiger Player 

Hongkong: In rasanter Fahrt durchbricht das Fahrzeug der CIA-Agentin Sandra Brown die Kaimauer, bevor es in das Hafenbecken stürzt. Sandra Brown stirb, doch Journalist David Jakubowicz kann sich unbemerkt und schwer verletzt von dem Anschlagsort retten.

Afghanistan: Der deutsche Kommandant Robert Westphal, Befehlshaber der deutschen ISAF-Truppe, gibt den Befehl: “F-15 – hot, und wenige Augenblicke später detonieren die Sprengkörper in dem Konvoi der Taliban, am Fluss des Taloqan. Er war mit sich im Reinen und er war entschlossen, als er den Befehl aussprach, doch dann sieht er plötzlich kleine Füße und kleine Hände auf der Leinwand.

Bevor die Welt reagieren kann, verschwindet Westphal spurlos. Die Geheimdienste und Regierungen versuchen das Geschehen am Taloqan Fluss zu vertuschen. David Jakubowicz und seine junge Kollegin Emma Bricks begeben sich auf die Jagd nach den Verantwortlichen und ihre Recherchen bringen sie bald in höchste Lebensgefahr.


Achim Zons studierte Jura, Politik, Geschichte und Philosophie und arbeitete viele Jahre in verantwortlichen Positionen in der "Süddeutschen Zeitung". Er schreibt Drehbücher für Fernsehspiele und Krimis und lebt in München.


Die getötete Geheimagentin hatte den Auslandskorrespondenten David um Hilfe gebeten, denn sie war im Besitz von Informationen, über eine skrupellose, politische Aktion. Als David klar wird, dass es sich um einen Anschlag handelt, flieht er unbemerkt aus Hongkong und kehrt zurück nach Deutschland.

In der Münchner Zeitungsredaktion weiß man inzwischen von dem Anschlag auf den Konvoi der Taliban. Die Chefetage, allen voran die taffe Chefredakteurin Helen Christensen, will alles daransetzten, die Schlagzeile überhaupt, für die finanziell angeschlagene Redaktion, zu produzieren. Sie entsenden den Afghanen Mahmood, in das Gebiet der Taliban und lösen damit eine Lawine von zahlreichen, politisch brenzligen Verstrickungen aus, die für manchen lebensgefährlich wird.

Zeitgleich versuchen Geheimdienste und Regierungen die Geschehnisse vom Taloqan Fluss zu vertuschen und sie gehen dabei so weit, dass sie den Tod von Menschen gleichgültig in Kauf nehmen, um nicht einschätzbare Vorteile zu erreichen.

Wer die Hunde weckt ist das Debüt Achim Zons und es hat mich restlos überzeugt. Thematisch lese ich sehr viel über Nahost und dessen Konflikte, interessiere mich für die Kultur und die Geschichte dieser Länder und ich verfolge aufmerksam das politische Geschehen dort, um zu begreifen und zu verstehen, sodass mich dieser Thriller sehr ansprach.

Wir alle haben längst über Anschläge in Nahost gelesen, bei denen Menschen als Kollateralschäden deklariert ihr Leben lassen mussten und deshalb ist dieser Thriller, so unglaublich authentisch. Bis in kleinste Details ausführlich recherchiert ist er fast ein Zeugnis der Wirklichkeit und thematisch bedauerlicherweise immer noch brandaktuell. Achim Zons vermittelt zudem ein gesundes Gespür, wie skrupellos politische Mächte agieren und wie ein Medienunternehmen mit allen Mitteln aus den roten Zahlen herauskommen will.

Die Handlung zeichnet glaubhaft, wie deutsche- oder amerikanische Soldaten in Afghanistan, Politiker, Sicherheitsbehörden und Geheimdienste handeln, und wie Journalismus in Krisengebieten funktioniert. Sie lässt zudem authentisch erahnen, was wir Normalbürger von derartig brisanten politischen Aktionen erfahren dürfen oder was man uns bewusst und um jeden Preis aus taktischrn Gründen verschweigt.

In angenehmer, klarer und schnörkelloser Sprache erzählt Achim Zons seine fiktive aber glaubhafte Geschichte, die er meisterhaft mit literarischer Dramaturgie ausstattet und die für kontinuierliche Hochspannung und ein hohes Lesetempo verantwortlich sind.

Mühelos lässt Achim Zons den Leser tief in die Seelen der ausführlich- und intensiv gezeichneten Figuren blicken, ob gut oder böse. Die Lebensläufe der Figuren sind interessant entwickelt und sie alle gewähren einen Blick in eine emotionale Tiefgründigkeit der Figuren, die durch innere Konflikte oder durch jeweils persönliche Nebenschauplätze geprägt, lebendig und authentisch erscheinen.

Interessant und abwechslungsreich gestaltete Dialoge, erfrischen die gefährlich knisternde und düster geschwängerte Grundstimmung, sodass sich ein Leser kaum von den auf hochwertigem Papier gedruckten Seiten, lösen kann.

Perfekt getimt, wechseln die Perspektiven und dadurch die vielschichtigen Sichtweisen der Figuren auf die Geschehnisse, die so ermöglichen, beide Seiten intensiv kennenzulernen. Wer die Hunde weckt, kann ich mir sehr gut als spannende und actiongeladene Verfilmung vorstellen.


Wer die Hunde weckt ist ein gelungenes, anspruchsvolles Thriller-Debüt, das Hochspannung garantiert. Autor Achim Zons widmet sich thematisch dem immer wieder brandaktuellen Thema von Anschlägen in Nahost, bei deren Ausführung Menschenleben als Kollateralschäden scheinbar leichtfertig hingenommen werden und skrupellose, politische Mächte strategisch vertuschen.

Ich empfehle diesen Thriller ausdrücklich gern, doch mal sollte sich ein Stück weit für das genannte Kernthema interessieren.


Autor: Achim Zons

Erscheinungsdatum Erstausgabe: 16.02.2017
Aktuelle Ausgabe: 16.02.2017
Verlag: Beck, C. H.
Flexibler Einband 400 Seiten

Sprache: Deutsch


Westphal hob leicht die Hand und sagte:“ F-15 - hot.“
Was dann geschah, verblüffte selbst ihn. Er sah es auf der Leinwand und hörte es aus der Ferne. Donner zerriss die Nacht. Explosionen ließen die Erde erbeben. Feuerbälle stiegen auf. Menschen flogen meterhoch in die Luft. Alles brannte, sogar der Fluss. Und dann, keine Minute später, regnete es blutige Fetzen, und das Wasser färbte sich rot. 

Stille. Niemand wagte, sich zu bewegen. Es war vorbei.

Westphal richtete sich auf, dehnte seinen Körper, wollte sich schon abwenden. Munzert schreib bereits die Worte ihres Erfolgs in das Protokoll der Nacht:

„Task closed“ – Aufgabe beendet. Da drehte sich Westphal noch einmal zurück, beugte sich nach vorne und starrte auf die Leinwand, auf die brennende, blutige Szene, auf die herunterfallenden Köpfe, Arme, Hände.

Kleine Hände.
Kleine Füße.“

***

...“Magst du dein Land?“ fragte er. „Ich weiß nicht. Eigentlich kann man nur Menschen lieben“.
„Magst du die Menschen in deinem Land, die es zu verantworten haben, dass deutsche Soldaten meine Brüder und Schwestern töten?“
Mein Gott, was konnte er darauf antworten!? Dass es nicht um einen Krieg in Afghanistan ging, sondern um einen Krieg gegen die Taliban? Um einen Krieg gegen eine Clique von Wahnsinnigen, von religiösen Fanatikern, die 400000 Menschen des eigenen Volks getötet hatten? Die Frauen ihre Rechte nahmen? Die Ehebrecher steinigten? Die Terroristen aus allen Ländern Schutz boten? Die jeden Ungläubigen tot sehen wollen? Die Menschen in versteckten Camps zu Selbstmordattentätern ausbildeten, Tausende von Landminen vergruben und den Tod weiterer Tausender von Menschen in Kauf nahmen?

Rashid hatte keine Geduld mehr, er legte nach, und Wut überschwemmte ihn wie eine kochende See. „Findest du es richtig, dass die Amerikaner mit der Unterstützung deines Landes uns die Heimat nehmen? Dass ihr alle uns nicht mutig wie Männer gegenübertretet, sondern uns mit der Macht eurer Waffen aus der Ferne zu zerstören versucht?

***

„Mahmood!“ Der drehte sich um, sah David winken, doch er verstand dessen Worte nicht, sondern winkte fragend zurück. David schrie erneut, völlig außer sich. Und er sah, fühlte und hörte alles, was dann kam, wie in Zeitlupe. Das orangefarbene Aufglühen. Die träge hochschießende Wolke aus Sand und Steinen, die ihren Wagen traf und die Scheibe in tausend Stücke zeriss. Das Zerren der Fliehkraft an seinem Körper, die nadelstichartigen Schmerzen in seinem Gesicht. Den verzögert einsetzenden dumpfen Ton, dessen Schallwellen seine Ohren taub werden ließen. Den Strahl der wuchtigen Detonation, der nach einer schrecklichen Sekunde tödlicher Stille in eine zweite Explosion überging, die ihn erfasste und aus dem Wagen schleuderte. Er sah Mahmoods Jeep auseinanderfliegen, sah den Körper bersten, den Moment, als die Arme ausgestreckt gen Himmel zeigten, als wollten sie um Hilfe flehen. Sah, wie derselbe Himmel langsam, unglaublich langsam alles fallen ließ, was ihn berührt hatte. Als David fünf Meter von dem Range Rover entfernt am Boden wieder zu Bewusstsein kam, hörte er vor allem ein dumpfes, anhaltendes Geräusch, das in ein Rauschen überging, Das Rauschen seines Bluts. Und er wusste, dass etwas in ihm zerrissen war.

4 Kommentare:

  1. Und wieder eine tolle Rezi von dir, die meine Wunschliste wieder anwachsen lässt. Die Thematik spricht mich sofort an!

    LG Tanja

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    1. Liebe Tanja,

      dieser Thriller passt sicher zu dir.

      Liebe Grüße

      Nisnis

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  2. Wow, wieder so eine ausführliche Rezi. Ich muss zugeben das es nicht ganz meine Thematik ist, allerdings klingt deine Rezension und auch schon der Klappentext so interessant und spannend, das ich jetzt überlege mir das Buch zu kaufen. Es scheint sehr komplex zu sein und die ganzen Zitate machen einfach Lust auf meihr! Ganz lieben Dank und liebe Grüße!

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    1. Liebe Anja,

      du wirst den Kauf sicher nicht bereuen. Ich bin mir sicher, dass die dieses Debüt gefallen wird.

      Liebe Grüße

      Nisnis

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