Kriminalroman - Der Gefährder von Rolf Düfelmeyer

28 April 2017

Radikales Gedankengut

Brisant, spannend, erschreckend real

Nach der Festnahme zweier Neonazis, die ein Asylantenheim mit Molotowcocktails in Brand gesteckt und Flüchtlinge brutal attackiert hatten, verrät einer der Festgenommenen den führenden Kopf. Sofort ist der Verfassungsschutz zur Stelle, spendiert eine neue Identität, bildet ihn aus und schleust ihn in die Salafisten-Szene.

Ein mutiges und brisantes unterfangen, da der V-Mann deutscher Staatsbürger ist und er sich seine Anerkennung als Dschihadist bei der IS zunächst erkämpfen muss. Kaum gefestigt plant er seinen eigenen, skrupellosen Terror.

Hauptkommissar Frank Sommer und sein Team müssen bald erkennen, dass der Terror in der Provinz Ostwestfahlens Einzug gehalten hat. Noch ahnt aber niemand, dass sie den bald mit geballter Kraft zu spüren bekommen.


Rolf Düfelmeyer, geboren 1953 in Herford, war lange Jahre als evangelischer Pfarrer und Religionslehrer in Werther und Lübbecke tätig. Seit 2012 schreibt er Krimis mit regionalem Bezug zu Ostwestfalen. Dabei legt er Wert auf eine spannende Handlung, die eingebettet ist in das gesellschaftliche Leben unserer Zeit. Er lebt mit seiner Frau, einer gebürtigen Bielefelderin, in Werther bei Bielefeld. Sie haben zwei erwachsene Söhne und freuen sich über zwei Enkeltöchter.


Autor Rolf Düfelmeyer hat mich bereits nach nur wenigen Seiten von seinem schriftstellerischen Talent überzeugt. Im ersten Kapitel gleich, Die Anwerbung, nahm er mir prompt den Atem, als er dramatisch schildert, wie ein Asylantenheim mit Molotowcocktails beworfen wird und Neonazis auf brutalste Weise Anwohner angreifen.

Erschreckend, brutal, bedauerlicherweise real.

Ich bin erleichtert, komme wieder zu Atem, als zwei Verhaftungen der Neonazis noch vor Ort erfolgen, bevor die Handlung seinen Lauf nimmt, unter die Haut geht und in tiefe menschliche Abgründe blicken lässt.

Rolf Düfelmeyer verarbeitet in seinem Kriminalroman reale, politische Geschehen, die uns durch die tägliche Berichterstattung der Medien zu genüge präsent sind. Rolf Düfelmeyer schreibt nicht nur von brutalen Übergriffen auf Flüchtlinge und von der Salafisten-Szene, sondern er greift die wohl bekannten Verstrickungen der NSU-Affäre auf, bedient sich dazu seiner schriftstellerischen Fantasie und zeichnet daraus Verbrechen, die genau so hätten geschehen sein könnten.

Während brisante, politische Geschehnisse aufwendig recherchiert sind, das Allgemeinwissen des Lesers bezüglich NSU-Affäre, Salafisten-Szene, Nationalsozialismus, IS und Mafiatum maßvoll ergänzt werden, verpackt Rolf Düfelmeyer Fakten in eine rundherum harmonische geschriebene Geschichte, die durch die Figuren der Story unfassbar lebendig und authentisch wirkt.
Dabei bedient er sich auf angenehme Weise kaum eines Ermittler-Klischees. Die Polizeitruppe um Hauptkommissar Frank Sommer ist ein sich ergänzendes Team. Kollegialer und freundschaftlicher Umgang, gepaart mit kompetenter Ermittlertätigkeit, führt zu klugen Schlüssen, die gut begründet nachvollziehbar und sinnvoll erscheinen. Als Leser erhält man genug faktisches Futter und Informationen, um selbst mit zu ermitteln, bis die letzte Seite in einem rasanten Tempo gelesen ist. Kopfkino pur.

Die hohe Spannung, Kapitel für Kapitel, reißt nicht ab und nichts in diesem Kriminalroman ist vorhersehbar. Die Grenze zwischen Fiktion und Wirklichkeit ist kaum zu greifen, sodass man sich immer wieder erinnern muss, dass dieser intelligent verschnürte Kriminalroman der Realität „nur“ sehr nah kommt.

Zitat:

Alle drei schrien: „Allahu Akbar!“ Die Äußeren reckten die Arme in die Höhe und der Mittlere fuhr langsam, fast genüsslich, mit der scharfen Klinge durch die Kehle seines Opfers. Blut spritzte in großen Mengen hervor. Die Kamera hielt alles in brillanten Bildern fest. Mit einem zweiten heftigen Hieb wurde der Kopf vom Rumpf getrennt. Schließlich viel der bereits leblose Körper zu Boden. Erneut „Alluha akbar“ schreiend wurde der Kopf des Opfers und das bluttriefende Messer in die Höhe gereckt. Dann schwenkte die Kamera auf die schwarze Fahne der IS im Hintergrund und das Video war zu Ende.

Anspruchsvoll und in einer angenehmen klaren Sprache geschrieben, gleitet man geschmeidig durch die Seiten. Verblümtes ist nicht zu finden, wohl aber ein erfrischend eingearbeiteter regionaler Bezug zu Ostwestfahlen. Da Rolf Düfelmeyer lange Jahre evangelischer Pfarrer und Religionslehrer war, lässt er hier und da Religiöses kurz, knackig und pointiert einfließen und doch sind es gläubige Botschaften, die er maßvoll platziert.

Die Figuren sind wohlgeformt. Authentisch durch Ecken und Kanten zeichnen sich Charaktere, die, bis auf die bösen Figuren, äußerst sympathisch und lebensnah sind. Die sogenannten Bösen hingegen sind Abbilder typischer Radikaler, deren soziale Hintergrundgeschichten die Handlung noch einmal mehr bereichern.

Rolf Düfelmeyer rüttelt auch an den Emotionen des Lesers, denn als die Frau des Kommissars entführt wird und Videobotschaften mit flatternder IS-Fahne im Hintergrund beschrieben werden, spürt man die Angst des verzweifelten Frank Sommers. Hierbei produziert der Autor eine Stimmung, die düster und gewaltgeschwängert nicht mehr loslässt.


Rolf Düfelmeyer hat mich mit Der Gefährder absolut überzeugt und gefesselt, denn dieser Kriminalroman ist so spannend erzählt, so gut recherchiert und so erschreckend nah an der gesellschaftlichen Wirklichkeit.

Dieser Kriminalroman wird noch lange in mir nachklingen und ich packe ihn zu den Highlights 2017 in mein Bücherregal.

Leseempfehlung!
  

©nisnis-buecherliebe


Erscheinungsdatum Erstausgabe: 28.10.2016
Aktuelle Ausgabe: 28.10.2016
Verlag: Prolibris
Flexibler Einband

Sprache: Deutsch

2 Kommentare:

  1. Tolle Rezi, die mich super neugierig gemacht hat. Die Thematik spricht mich total an. Das Buch kommt ganz weit nach oben auf meine Wunschliste.

    LG Tanja

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    1. Liebe Tanja,

      du wirst es bestimmt ebenfalls sehr mögen und diese Thematik, so traurig wie wahr, ist sehr interessant. Und dennoch trägt die Story die persönliche Note der Hauptfigur Kommissar Frank Sommers.

      Viele liebe Grüße

      Nisnis

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