Roman - Nur Engel fliegen höher von Wim Westfield

13 Januar 2016

Ein fesselnder und dramatischer Roman der zutiefst berührt



Auf der Transitstrecke durch die DDR lernt die in West-Berlin lebende amerikanische Staatsbürgerin Julia McCandle den Journalisten Jonas Maler kennen. Es ist Liebe auf den allerersten Blick, obwohl beide in festen Beziehungen leben. Sie gehen aufeinander ein, können nicht mehr voneinander lassen. Beobachtet, verfolgt und eingeschüchtert von der Stasi, die eine konspirative Verschwörung wittert, werden ihre gemeinsamen Treffen immer schwieriger und eine Beziehung über die Grenzen hinaus fast unmöglich. 

Als Julia schwanger wird und nicht mehr in die DDR einreisen darf, Jonas sich nur noch in seinem Wohnort aufhalten darf, plant er seine Flucht.


Das Cover vermittelt mir eine friedvolle Stimmung. Es wirkt leise und einladend. Der blaue Himmel ist mit Kondensstreifen von Flugzeugen durchkreuzt und von einem schemenhaft erkennbaren Hochspannungsmast fliegt eine Taube hoch in den weiten Himmel. Nur Engel fliegen höher, als diese Taube auf dem dezenten, schönen Cover.
Wim Westfield, Fotograf und Journalist, wurde in der DDR geboren. Er lebte und arbeitete schon vor dem Mauerfall, als Inhaber der doppelten deutschen Staatsbürgerschaft, abwechselnd auf beiden Seiten zwischen dem Eisernen Vorhang. Als Reporter und Fotograf arbeitete er weltweit für Zeitungen und Magazine in Osteuropa, am Mittelmeer sowie in Mittel- und Südamerika. Heute lebt der freie Schriftsteller und Fotograf mal auf einer Ostsee-Insel und mal auf einer Yacht im Mittelmeer.
Mit jedem Wort mehr versank ich rasend schnell in einer spannenden und hochemotionalen Geschichte, die im Winter 1988 spielt. Julia und Jonas können nur wenige Momente von schöner Zweisamkeit genießen und doch spüre ich als Leserin die tiefe emotionale Bindung der zwei Hauptfiguren, die Wim Westfield feinfühlig und zart zum Leben erweckt. Der Schreibstil ist so federleicht in diesem Roman, wenn die Momente der Glückseligkeit in berührender Sprache zum Ausdruck gebracht werden. Ich kann fast schon die Schmetterlinge im Bauch der beiden nachempfinden.

Als die Stasi in der Handlung auftaucht, ist das sprachlich ein bitterer Einschnitt, der wie ein Faustschlag Holzbretter zersplittern lässt. Kälte macht sich breit und viele historische, widerwärtige und unfassbare Handlungsweisen der Stasi kochen in mir hoch. Wim Westfield hat penibel genau recherchiert und die historische Wahrheit über diese Zeit in spannender, sehr ehrlicher Weise in die Handlung hineingeschrieben.

Ab und zu erfolgt ein Zeitsprung ins Hier und Jetzt, ein weiterer Erzählstrang ist präsent. Christin nimmt Akteneinsicht im Lesesaal der „Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatsicherheitsdienstes“ der ehemaligen DDR. Sie gibt vor, einen Forschungsauftrag für die Schule vorzubereiten. Klarnamen sind gewohnt geschwärzt, um keine Hinweise auf die Identität der Betroffenen preiszugeben. Christina liest tagelang alle Akten eines bestimmten Falles vollständig. Tränen kullern, bis sie die letzte Seite erreicht.

Dieser Roman hat mich wirklich sehr gefesselt. Auf der einen Seite eine wunderschöne Liebesgeschichte, die sich genau so zugetragen haben könnte und auf der anderen Seite die bittere historische Wahrheit über eine schwere Zeit der Menschen in der DDR.

Die Schauplätze dieser Geschichte haben ebenso historische Bedeutung und Wim Westfield baut diese maßvoll ein. Ich kann mir ganze Straßenzüge vorstellen, sehe Landschaften an meinem inneren Auge vorbeifliegen und bin inmitten der Geschehnisse. Die damaligen alltäglichen Lebensumstände, umweben die Handlungen der feingezeichneten, fast liebevollen Charaktere. Ganz besonders hat es mir Fred angetan. Fred, ein Freund von Jonas, bringt jeden Leser zum Schmunzeln. Er spricht Berlinerisch und hellt dadurch die düstere Stimmung von Gefahr und Angst etwas auf.

Die Geschichte beinhaltet zahlreiche Konflikte zwischen Gut und Böse, zwischen der verbotenen Liebe und den Lebenspartnern und zu guter Letzt Konflikte darüber, wem man vertrauen kann. Die Emotionen die sich aus diesen Umständen ergeben, sind so zutreffend beschrieben, dass ich fast glaube, den Figuren gegenüber zu stehen.

 Meine Erwartungen an einen guten Roman wurden absolut erfüllt. Einzig die Entstehung dieser Romanze erschien mir ein wenig realitätsfremd.

Das Ende hat mich zutiefst berührt. Was ich fühlte, darf ich an dieser Stelle nicht verraten.
Eine harmonisch geschriebene Geschichte, die fesselnd und spannend unterhält. Historische Geschehnisse, die wir nie vergessen sollten, machen diesen Roman zu einem authentischen Drama.

Meine absolute Leseempfehlung.



Erscheinungsdatum Erstausgabe : 01.02.2008
Aktuelle Ausgabe : 27.02.2008
Verlag : bebra 
Fester Einband 256 Seiten 

2 Kommentare:

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