Roman - Palast der Finsternis von Stefan Bachmann

16 Oktober 2017

Expedition Papillon

Mystisch, geheimnisvoll und literarisch gelungen

Jungakademikerin Anouk und vier weitere Jugendliche erhalten die Einladung, den seit der Französischen Revolution verschütteten Palast der adligen Familie Bessancourt in Paris zu erforschen. 

Als sich die Jugendlichen zum ersten Mal am Flughafen treffen wird deutlich, dass die personelle Zusammensetzung der Gruppe nicht verschiedener hätten sein können. Erste Befindlichkeiten stören die Atmosphäre der Gruppe, bevor sie ohne Sicherheitscheck und Passkontrolle First-Class nach Frankreich fliegen.

Bereits kurz nach dem sie das Palais betreten, das einst als Versteck der Familie Bessancourt erbaut wurde, spüren sie, dass das Experiment unter merkwürdigen Voraussetzungen steht und sie vor dem größten Abenteuer ihres Lebens stehen. Noch können sie die Gefahr nicht erkennen, aber je mehr Türen sie in dem alten Schloss öffnen, umso mehr müssen sie erkennen, dass sie sich tief am Abgrund befinden.



Stefan Bachmann, geboren 1993 in Boulder/Colorado, lebt in Zürich, wo er seit seinem 11. Lebensjahr das Konservatorium besucht (und dort inzwischen den Bachelor in den Fächern Orgel und Film-Komposition absolviert). Sein von der Liebe zu Steampunk, Charles Dickens und C.S. Lewis’ ›Chroniken von Narnia‹ inspiriertes Debüt, ›Die Seltsamen‹, war ein Riesenerfolg in den USA und auch in Deutschland. (Quelle: Diogenes Verlag)


Stefan Bachmann hat mich sprachlich sehr beeindruckt. Schon nach wenigen Seiten genoss ich jeden Satz seiner ungezwungen und besonders leichtfüßigen Art zu schreiben. Außergewöhnliche Formulierungen, ein Hauch von Poesie ineinander verschmelzend mit einem modernen, umgangssprachlichen Ausdruck und zarten Metaphern, waren ein besonderes Leseerlebnis. 

Stefan Bachmann hat die jugendlichen Charaktere der Projekt-Kandidaten
ausdrucksstark und intensiv gezeichnet, auch wenn manche Figuren blasser erschienen als andere. 

Das Experiment ist eine wahre Herausforderung an die Gruppe der Jugendlichen. Interessant gezeichnet sind die Konflikte, die die Kandidaten untereinander austragen. Die Geschichte kitzelt sie bis aufs Blut, so dass sie ihr jeweiliges Schneckenhaus verlassen müssen und emotionale Reaktionen damit auslösen. Zu diesem Zeitpunkt hat der Autor jeden gewöhnlichen Plot bereits hinter sich gelassen. Lösung des Rätsels und die Befreiung von der Gefahr kann nur erfolgen, wenn sie gemeinsam das Ziel erkennen und gemeinsam agieren. 

Die Jugendlichen öffnen nach und nach Türen im alten Palais, denn sie suchen den Ausgang, um der schwelenden Gefahr zu entkommen, die sie zunächst absolut nicht einschätzen und einordnen können. Stefan Bachmann versteht es, den Leser in die Welt der Geschichte zu ziehen und er kreiert eine düstere und geheimnisvolle Stimmung, die dafür sorgt, dass die Spannungskurve kontinuierlich anwächst. Hinter jeder Tür lauert eine Gefahr, die das Leben der fünf absolut bedroht. Die fünf Kandidaten haben jedoch keine Chance, dahinterzukommen warum sie überhaupt ausgewählt wurden.

Abwechslungsreich und spannungsfördernd pointiert Bachmann die Perspektiven, die zwischen dem Hier und Jetzt der Gruppe und den Schlossbewohnern zur Zeit der Französischen Revolution wechseln, so dass die Zeitsprünge die Handlung bereichern und interessanter gestalten.

Trotz, dass mich Stefan Bachmann literarisch schwungvoll überrascht hat und mich seine skurrile Geschichte in den Bann ziehen konnte, war ich es irgendwann leid, dass sich die Story nicht kontinuierlich weiterentwickelt hat. Ich war das Türenöffnen im Schloss fast ein bisschen leid, obwohl sich hinter ihnen explosive Gefahr und Abenteuer verbarg, da einzelne Szene zu ausschöpfend erzählt wurden. Ich empfand Längen und vermisste Futter für eine fundierte Handlung.

Den Roman kann man nicht eindeutig einem Genre zuordnen. Gekonnt vermischt Stefan Bachmann Mystery-, Fantasy-, Thriller- und Horror-Elemente. Es wird blutig, aber alles in Maßen, so dass auch der Romanleser, plötzlich helle Freude über den Thrill des Romans empfinden kann. 


Stefan Bachmann erzählt eine außergewöhnliche Geschichte, in einem leichtfüßigen und ungezwungenen Stil. Außergewöhnliche Formulierungen, ein Hauch von Poesie ineinander verschmelzend mit einem modernen, umgangssprachlichen Ausdruck und zarten Metaphern, waren ein besonderes Leseerlebnis. 

Die Geschichte erzählt von fünf Jugendlichen, die sich auf das Projekt einlassen, ein verschüttetes Palais zu erforschen. Doch sie erwartet das größte und gefährlichste Abenteuer ihres Lebens. 

Trotz ein paar empfundener Längen empfehle ich diesen Roman sehr gern.


©nisnis-buecherliebe

Weitere Rezensionen von Bloggern:







Aus dem Amerikanischen von Stefanie Schäfer

Erscheinungsdatum Erstausgabe: 23.08.2017

Aktuelle Ausgabe: 23.08.2017

Verlag: Diogenes


Flexibler Einband 400 Seiten

Sprache: Deutsch


19 Kommentare:

  1. Da haben wir wohl einen sehr ähnlichen Eindruck von dem Buch :) es war eigentlich immer spannend, aber genau wie du habe ich dann manchmal gedacht, dass man die ein oder andere Tür hätte zulassen und schneller zum Finale kommen können.
    Danke fürs Verlinken :) ich verlinke dich und deine schöne Rezension sehr gerne zurück!

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    1. Liebe Lisa,

      sehr gern. Es waren definitiv zu viele Türen. Wobei ich das Gesamtpaket der Geschichte absolut lesenswert und auch recht spannend fand. Ich hätte mir aber noch ein bisschen mehr Story-Inhalt gewünscht.

      Stefan Bachmann werde ich absolut gern im Auge behalten.

      Liebe Grüße

      Anja

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  2. Anja, super, dass Dir die Sprache gut gefallen hat. Das freut mich sehr! Danke für den Link zu meinem Blog.
    LG Angela

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    1. Liebe Angela,

      ich habe dir zu danken, denn deine schöne Rezension hat mich ganz neugierig auf das Buch gemacht. Schau, auch wenn wir sonst nicht das gleiche Genre lesen, haben wir in Palast der Finsternis einen schönen, gemeinsamen Pol zusammen entdeckt.

      Viele liebe Grüße

      Anja

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  3. Liebe Anja,

    das Buch steht schon auf meiner Wunschliste, und trotz deiner kleinen Kritikpunkte wird es nun ein paar Plätze nach oben wandern.

    Liebe Grüße
    Tanja

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    1. Liebe Tanja,

      dieses Buch ist nicht vollkommen, aber es ist sprachlich angenehm außergewöhnlich und spannend. Ich bin mir sehr sicher, dass du dich ebenso an den kleinen Kritikpunkten stoßen wirst, aber literarisch wird es dich sicher sehr gut unterhalten.

      Viele liebe Grüße

      Anja

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  4. Deine kleine Kritik hab ich jetzt einfach nicht gelesen ;D Schön, das dich der Palast auch so einnehmen konnte. Ich war ganz verzaubert von der Geschichte und besonders Aurelies Perspektiven!

    Warum aber alle vom Gruseln besprechen kann ich nicht nachempfinden (ich lese anscheinend zu viele Thriller und Psychothriller hihi), für mich eher ein Fantasy-Roman mit Schauer-Momenten

    Liebe Grüße :-*

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    1. Liebe Janna,

      na also Grusel habe ich auch nicht empfunden. Es ist wohl so, dass wir a bisserl abgestumpft sind ;-).

      Es war schon eine spannende, schöne Geschichte.

      Liebe Grüße

      Anja

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  5. Anonym16.10.17

    Hallo Anja,
    ich habe das Buch noch nicht gelesen, es mir aber gekauft, obwohl (oder vielleicht gerade deswegen) es eigentlich nicht mein Genre ist. Aber manchmal braucht man einfach Abwechslung beim Lesen.
    Es klingt ja sehr geheimnisvoll und ich frage mich gerade, ob die Türen zwischen den Zeilen für etwas stehen (so im Sinne von: Wenn die eine Tür zugeht, geht eine andere auf - wie man das so sagt, wenn im Leben mal was schiefläuft). Ich hoffe, die Längen dazwischen werden mich nicht zu Tode langweilen. Da bin ich etwas empfindsam :-). Liebe Grüße, Iris

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    1. Liebe Iris,

      mit deiner vermuteten Interpretierung liegst du falsch ;-). Aber mehr verrate ich dir natürlich nicht. Durch die kleinen Längen musst du durch, aber ich bin mir recht sicher, dass du die außergewöhnliche Sprache mögen wirst.

      Wie kommt es, dass es nun doch wieder funktioklappt mit den Kommentaren? Aber ich freue mich natürlich sehr :-).

      Liebe Grüße

      Anja

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  6. Hi Anja,

    danke für's Verlinken. Ich kann mich deinem Eindruck vollkommen anschließen - auch mir wurden im Mittelteil leider zuviele Türen geöffnet, ohne, dass sich die Geschichte wirklich weiter entwickelt hat. Trotzdem kann Bachmann super schreiben. Ich warte da leider noch immer auf eine rundum perfekte Geschichte von ihm, bin aber auch auf's nächste Buch wieder gespannt.

    Liebe Grüße
    Alex

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  7. Liebe Alex,

    Stefan Bachmann besitzt ein hohes Potenzial und ich bin ebenso gespannt, wie er uns das nächste Mal verzaubert.

    Liebe Grüße

    Anja

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  8. Ich liebe ja Bücher, die nicht nur mit der Handlung überzeugen können, sondern auch noch mit einer bemerkenswerte Sprache erzählen - diese Kombination ist für mich einfach unschlagbar. Da überbrücken wir die kleinen Längen einfach mal oder ignorieren sie.
    LG Gabi

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    1. Liebe Gabi,

      genau so habe ich diesen Roman auch genossen. Oft kann mich die Sprache so begeistern, so dass ich alles rundherum ausblende, was mich ein bisschen gestört hat.

      Viele liebe Grüße

      Anja

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  9. Huhu!

    Trotz der Schwächen, die du ansprichst, klingt das Buch für mich unheimlich gut! Ich liebe solche Geschichten.

    ...allerdings sollte ich vielleicht erstmal "Die Seltsamen" und "Die Wedernoch" von ihm von meinem SUB befreien... Ich bin besonders auf "Die Seltsamen" gespannt, als er das veröffentlicht hat, war er ja gerade mal 19 Jahre alt. :-)

    Ich habe deinen Beitrag HIER für meine Kreuzfahrt durchs Meer der Buchblogs verlinkt!

    LG,
    Mikka

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    1. Liebe Mikka,

      Dankeschön für deine Verlinkung. Trotz meiner kleinen Kritik ist dieses Buch wirklich sehr schön zu lesen. Es muss auch nicht immer alles perfekt sein, um es als besonderes Buch zu bezeichnen.

      Viele liebe Grüße

      Anja

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  10. Liebe Anja,
    Das Buch steht schon bei mir im Regal, aber zum Lesen bin ich bisher leider noch nicht gekommen. Aber deine Rezension macht wirklich große Lust auf die Lektüre. Eine Portion Spannung gemischt mit einem schönen Schreibstil, das klingt, als könnte es mir sehr gefallen.
    Liebe Grüße und ein schönes Wochenende, Julia

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    1. Liebe Julia,

      obwohl das Buch nicht unbedingt in mein Lieblingsgenre passt, war ich wirklich sehr gut unterhalten. Ich mag den Stil von Stefan Bachmann und werde sicher noch ein weiteres Buch von ihm lesen.

      Liebe Grüße

      Anja

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    2. Oh, na dann bin ich jetzt schon mal gespannt, wie deine Berichte zu anderen Bachmann Büchern ausfallen. "Palast der Finsternis" ist tatsächlich das einzige Buch, dass ich von ihm kenne.

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