Gift bleibt Mord
Der Münchner Isarlauf hat einen Toten! Schnell wird der tragische Vorfall als plötzlicher Herztod abgetan, doch Dr. Quirin Quast erkennt in der Symptomatik eine höchst irritierende Unregelmäßigkeit. Schon schöpft er bösen Verdacht und steckt auch seine Kollegin und Mitbewohnerin Frieda damit an. Die sorgt sich ohnehin, denn der Tote ist der Bruder ihrer Freundin. Und zudem Kollege. Unvermittelt tun sich Abgründe im Leben des Verstorbenen auf, die einen Mord umso wahrscheinlicher erscheinen lassen. Dr. Quast und Frieda sind nicht mehr zu bremsen. Sie ermitteln ganz auf eigene Faust und Gefahr …
Art des Krimis
Hier ermittelt nicht die Polizei. Entsprechend fußt der
Weg der Aufklärung auf Mutmaßungen, sich zufällig anbietenden Ereignissen,
heimlichen Beobachtungen und unerwarteten Einblicken. Damit hebt sich der Krimi
erfrischend vom typischen Polizeiroman ab. Er glänzt zudem mit Münchner
Lokalkolorit. Der Ortskundige erkennt die Lokalitäten und hat so noch ein Plus
an Flair. Und jetzt aufgepasst: Der München-Besucher könnte durchaus mit dem
Krimi in der Hand eine ganz besondere Stadttour machen! Die Örtlichkeiten sind
wunderbar dargestellt, die eine oder andere lockt wirklich zum Besuch.
Die Charaktere
Der „Hauptermittler“, Dr. Quirin Quast, Ur-Bayer mit
Leder- … Jacke [doch nicht -Hose!] und Sneakers statt Haferlschuhen, ist ein
bissl grantig, aber eigentlich ein Süßer mit dem Grüberl (Binnendeutsch
Grübchen) im Kinn, das immer dann besonders kommt, wenn er lächelt. Seine
Kollegin, Mitbewohnerin und heimlich Angebetete ist Frieda May. Nicht nur ist
sie offenbar sehr viel jünger, sie ist zudem nördlich des „Weißwurst-Äquators“
daheim: Sie kommt aus Franken, ist eine Zugereiste. Dann ist da noch die
Frauenrechtlerin Wilhelmine Ungefähr, eine wahrlich gewichtige Gestalt. Mit dem
Herz am rechten Fleck.
Wie wirkt der Krimi
Die Auswahl und Darstellung der Protagonisten und
weiteren handelnden Personen gibt dem „Ermittlungsteam“ eine definitiv humorige
Note. Es schwingen aber auch ernste Untertöne mit, vor allem, was das
Krankenhauswesen angeht. Der Krimi ist kein komischer Krimi, Bettina Plecher
überzeichnet ihre Figuren nicht. Vielmehr wartet sie mit einem amüsanten Krimi
und leisen kritischen Untertönen auf.
Die Schwäche des Krimis
Während es auf der einen Seite sehr stark und gut ist,
vom Polizeikrimi wegzukommen, schwächelt die Handlung an ihren losen Fäden.
Zwei sehr starken Nebenfiguren wird sehr viel Platz eingeräumt und sie bewegen
die Handlung maßgeblich. Dann auf einmal verschwinden sie sang-, klang- und
erklärungslos los von der Bildfläche. Zumindest von einer hätte ich mir mehr
gewünscht: Sie wurde mit einem supertollen starken Namen versehen, steht einem
sehr bedeutendsten Charakter näher als jeder andere, aber verschwindet trotzdem
aus der Handlung. Ohne Grund. Schade. Der zweite Punkt, wo ich mir mehr erhofft
hatte, ist die Auflösung des Falles. Das Opfer als Person bleibt nebulös. Quast
treibt den Täter nicht mit geschickten Manövern in die Ecke. Der Fall löst sich
im Rahmen eines Showdown von selbst. Den Hauptfiguren fehlt es an
Kommunikation, sie essen lieber gemeinsam und kommunizieren so. Das ist für den
Leser nicht sehr fesselnd.
Was für mich dennoch den Krimigenuss rettet
Eine starke Szene ziemlich knapp vor der Hälfte zeigt
durch Dialog und Körpersprache den wesentlichen Hinweis. Die so entfachte
Neugier und der daraus resultierende Verdacht treiben den Leser vorwärts. Kurz
vor dem Showdown folgt ein zweiter Hinweis. Dies zusammengenommen führt zu
einer wunderbaren Zufriedenheit beim Leser, wenn sein Verdacht bestätigt wird.
Wer einen humorvollen Cosy mit ernsteren Untertönen mag, dazu Münchner lokales Flair und eine Erweiterung seines Wissenshorizonts zu psychedelischen Stoffen, der wird „Isarlauf“ genießen. Ich habe den Kauf nicht bereut.
Autor: Bettina Plecher
Titel: Isarlauf
Erscheinungsdatum Erstausgabe : 22.01.2016
Aktuelle Ausgabe : 22.01.2016
Verlag : Rowohlt Taschenbuch
ISBN: 9783499270673
Flexibler Einband 288 Seiten
Sprache: Deutsch
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