Thriller - Märchenwald von Martin Krist

22 August 2016

Im Märchenwald wird alles gut, oder?


Berlin: Der 9 jährige Max und seine 4 jährige Schwester Elli werden von ihrer Mutter mitten in der Nacht geweckt. Sie sollen sich in der Kammer verstecken und still sein. Um Ellie die Angst zu nehmen, erzählt Max seiner kleinen Schwester, dass sie von nun an ein Spiel im Märchenwald spielen, bevor sie sich auf den Weg zum Großvater machen.

Zeitgleich erwacht eine junge Frau zwischen Müll und Unrat. Sie ist verletzt und kann sich nicht mehr erinnern was ihr geschehen ist. Plötzlich taucht jemand auf, der ihr nichts Gutes will und sie muss flüchten.

Ein mysteriöser Fall für Kriminalhauptkommissar Paul Kalkbrenner und Kriminalkommissarin Sera Muth.
Martin Krist ist das Pseudonym des erfolgreichen Autors Marcel Feige. Geboren 1971, arbeitete er als leitender Redakteur bei verschiedenen Zeitschriften und lebt seit 1998 als Schriftsteller in Berlin. (Quelle: Ullstein Buchverlage)
Martin Krist traf mich an meiner empfindlichsten Stelle, als die Perspektive über die kleinen Kinder, Max und Ellie, ihren Lauf nimmt. Zwei kleine Kinder versuchen zu ihrem Opa zu gelangen, ohne den weiten Weg vorher jemals allein zurückgelegt zu haben. Natürlich verlaufen bzw. verfahren sie sich und sie erfahren auf ihrer verzweifelten Reise Gutes und Böses. Sie sind allein unterwegs, da ihre Mutter spurlos aus der Wohnung verschwunden ist. Nur einen großen Blutfleck hat sie dagelassen. Max, der ältere, kümmert sich rührend um die kleine Ellie, der er erzählt, dass im Märchenwald alles gut werden wird.

Diese Perspektive berührt zutiefst, während sie sich mit zwei weiteren Erzählsträngen zunächst abwechselt, bevor diese später immer mehr ineinanderfließen.

Die Geschichte der Zoe fesselt ähnlich stark. Sie erwacht inmitten von Müll und Unrat und sie kann sich an nichts erinnern. Plötzlich steht Gee vor ihr, der sie Zoe nennt. Zoe erkennt schnell, dass Gee ihr nicht wohlgesonnen ist und sie muss flüchten. Doch wohin? Einsam irrt sie durch die Stadt und versucht ihrem Gedächtnisverlust auf den Grund zu gehen. Sie empfindet zu Recht Angst und ist fast panisch. Diese Emotionen hat Martin Krist intelligent und realistisch beschrieben.

Der dritte Handlungsstrang beginnt mit dem Auffinden des Toten Dieppe, der scheinbar unter normalen Umständen ums Leben kam. Zufällig schaut ein Sanitäter in die Kühltruhe des Rentners und muss eine gruselige Entdeckung machen. In der Truhe ist Menschenfleisch eingefroren. Als Paul Kalkbrenner und Sera Mut ihre Ermittlungen aufnehmen, ahnen sie nicht wohin sie dieser rätselhafte Fall führen wird.

Der Erzählstrang um den Rentner Dieppe erreichte fast meine Grenze zum Ekel, denn Kannibalismus gehört thematisch nicht zu meinen Lieblingsthemen in einem Buch. Martin Krist beschreibt diese Szenen geschickt, sodass alles um dieses Thema auf noch erträgliche Weise zu lesen ist. Doch zukünftig werde ich mich wohl beim Öffnen meines Gefrierschranks an diesen Thriller erinnern. Das was Dieppe getrieben hat, ist entsetzlich. Das gesamte Umfeld von Dieppe wird durchleuchtet, doch bis dahin ist es ein weiter Weg für die Ermittler.

Martin Krists Schreibstil hat mir sehr gut gefallen. Er liest sich sehr flüssig bis maßvoll detailverliebt und er zuppelt damit immer wieder an meinen Emotionen. Von Berührtheit bis Ekel ist alles dabei. Seine Wortwahl ist ansprechend und hinterlässt ein harmonisches Bild der Geschichte, auch wenn die Story alles andere als harmonisch ist. Besonders gelungen sind die Beschreibungen der Schauplätze. Auch als Nichtberliner erkenne ich diverse Örtlichkeiten in Berlin wieder und ich kann mir ein sehr gutes Bild in den Kopf zaubern lassen.

Die Spannung agierte auf einem recht hohen Niveau und trieb mich sehr an, bis ein paar Verschmelzungen von Perspektiven holperig und zu sehr geplant wirkten, als würden sie zu schnell auf den Punkt kommen müssen. So wird zum Beispiel Kalkbrenner Tochter entführt und Punkt. Es gibt keine Geschichte um diese Tatsache herum. Dies änderte nichts an meinem Lesefluss und nichts an meinem Interesse, doch ich nahm es wahr und fand es sehr schade.

Die Figuren der Kinder sind besonders liebevoll kreiert. Ihre Charaktere produzieren empfindsames Lesen. Die kindliche Sprache und ihre Handlungen sind authentisch dargestellt.

Ermittler Paul Kalkbrenner ist mir sehr sympathisch. Seine persönlichen Konflikte und seine Ermittlungsmethoden konnte ich jederzeit nachvollziehen. Um mich mit der Figur Kalkbrenner auseinandersetzen zu können, erhielt ich ausreichend Informationen. Doch nicht alle Figuren erschienen mir so offen. Einige Figuren blieben bis zuletzt total blass. Es gibt Nebenfiguren die stärker charakterisiert sind, als beispielsweise Kalkbrenners Kollegin Sera Muth. Sie hätte auch einfach nicht anwesend sein können, sie würde mir nicht fehlen.

Dennoch kann ich hier schreiben, dass dies sicher nicht mein letzter Thriller von Martin Krist ist.
Ein spannender, fesselnder und gleichzeitig berührender Thriller, dem gegen Ende etwas mehr Input für eine abgerundete Handlung gut getan hätte. Auf Grund des Themas Kannibalismus, eignet sich dieser Thriller nur für „nicht“ zart besaitete Leser.




Titel: Märchenwald
Autor: Martin Krist

Erscheinungsdatum Erstausgabe : 12.08.2016
Aktuelle Ausgabe : 12.08.2016
Flexibler Einband 416 Seiten
Sprache: Deutsch

13 Kommentare:

  1. Huhu,
    ich hatte das Buch heute in der Buchhandlung in der Hand, war mir aber nicht sicher... Jetzt nach deiner Rezi ärgere ich mich, dass ich es nicht doch gleich gekauft habe :)
    Liebe Grüße
    Jasmin

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  2. Hallo Jasmin,

    och menno, hätte ich mal schneller rezensiert :-).

    Liebe Grüße

    Nisnis

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  3. ein weiteres Buch auf meiner Wunschliste ;o)

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  4. Und schon wieder was für meine Wunschliste, wann soll ich das nur alles lesen. :-)
    LG
    Tanja

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    1. Hi hi. Sorry liebe Tanja, das ist mal wieder eine Retourkutsche. Schließlich bist du ja auch kein Unschuldslamm :D.

      Liebe Grüße

      Nisnis

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  5. Hallo Nisnis,
    da sind wir uns ja ziemlich einig, was den "Märchenwald" betrifft :-) Geekelt habe ich mich eigentlich nicht, vielleicht habe ich einfach schon zuviel "ekliges Zeug" gelesen :-)

    LG
    Tina

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    1. Hey Tina,

      Ekel empfand ich auch nicht, aber Martin Krist kratzte leicht an meiner persönliche Grenze. Ich mag das Thema Kannibalismus einfach nicht.

      Viele Grüße

      Nisnis

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  6. Hey Nisnis
    "Märchenwald" habe ich nun schon auf einigen Blogs gesehen und bisher fanden das Buch alle toll. So muss ich mir den Titel unbedingt für unsere Bibliothek merken. Vielen Dank für den Tipp.
    lg Favola

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    1. Sehr gern liebe Favola. Du wirst sicher viel Lesespaß damit haben.

      Viele liebe Grüße

      Nisnis

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  7. Hallo Nisnis,

    dem Buch begegnet man überall und diese doch etwas andere Märchenadaption hat doch ihren Reiz. Ich bin mir noch nicht sicher, aber wahrscheinlich wandert es auf die Wunschliste.

    Liebe Grüße,
    Nicole

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    1. Oh ja, es ist eine andere Märchenadaption. Sie wird dir sicher gefallen und spannende Lesestunden bescheren :-).

      Liebe Grüße

      Nisnis

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  8. Hey!
    Ich muss gestehen, dass ich es gar nicht als Märchenadaption gesehen hätte. Aber ja, stimmt. Irgendwie ist es eine. Auf jeden Fall ist es aber ein spannender Thriller den man nicht aus der Hand legen kann.
    LG und einen schönen Abend
    Yvonne

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    1. Lieben Dank Yvonne, den Wünsche ich dir ebenso.

      Liebste Grüße

      Nisnis

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